Inspired by Airmanship 3

In der Luftfahrt gibt es ein ganzes Paket goldener Regeln, die dafür sorgen, dass Piloten ihre Flugziele sicher erreichen. Was wir von ihnen für Leadership, Business- und Privatleben lernen können, erfahren Sie in dieser Kolumne im JET-Blog:

No. 3
Always leave yourself an „out“!
Lass Dir immer einen Ausweg!

Vermutlich eine der wichtigsten Regeln für Piloten.
„Always leave yourself an out – lass Dir immer einen Ausweg“ meint, sich niemals in eine Situation zu bringen, aus der man nicht sicher wieder heraus kommt – gehe nie so ans Limit, dass es keine weiteren Optionen mehr gibt und nirgendwo anders mehr hingeht.

– Piloten gehen deshalb vor jedem Start noch einmal mental das Szenario für einen Startabbruch durch, planen Ausweichrouten, nehmen zusätzlichen Treibstoff mit und halten beim Flug immer Ausschau nach Notlandefeldern – auch wenn es gerade keinen Notfall gibt.
– Segelflieger haben bei der Suche nach Aufwinden im Gebirge immer einen Plan A – den an einer Stelle vermuteten Aufwind, einen Plan B – den an einer weiteren Stelle vermuteten Aufwind, falls bei A keiner ist und einen Plan C – das mögliche Außenlandefeld, wenn Plan A und B nicht funktioniert haben.
– Piloten, die in einmotorigen Flugzeugen unterwegs sind und an ihrem Leben hängen, haben bei Nacht oder beim Flug über einer geschlossenen, auf dem Boden aufliegenden Nebeldecke immer einen Fallschirm an, da eine Notlandung bei Motorausfall ohne Erkennen des Geländes unmöglich ist.
– Beim Flug nach Sicht (hierbei steuern Piloten das Flugzeug durch Abgleich der Fluglage mit der Landschaft) über einer sich verdichtenden Wolkendecke gilt: immer durch das vorletzte Wolkenloch absteigen – dann ist, falls das sich schneller als geplant schließt, zur Not noch ein Letztes übrig.
– Verantwortungsvolle Kunstflugpiloten beenden Ihren Kunstflug in sicherer Höhe über Grund, um bei einem Steuerfehler bei der letzten Figur einer Vorführung noch ausreichend Luft unter sich zu haben, um das Flugzeug vor dem Boden sicher unter Kontrolle zu bringen.

Der positive Nebeneffekt dieser Grundeinstellung beim Fliegen: immer noch einen Ausweg und Plan B zu haben gibt das Gefühl von Sicherheit, verhindert somit Stress und hält den Piloten deshalb mental in optimaler Leistungs- und Entscheidungsfähigkeit.

Sie können diese Haltung eins zu eins auf Ihr Business übertragen, hier einige Beispiele:
– Reizen Sie bei Projekten Ihre finanziellen Möglichkeiten nicht bis zum äußersten Limit aus, sonst haben Sie bei Hürden und Stolpersteinen keine Mittel mehr zur Korrektur.
– Ruhen Sie sich nicht auf Ihrem Erfolg aus, sondern bleiben acht- und wachsam, nutzen Sie seine Energie und lassen sich von ihm beflügeln. Nur so bekommen Ihre Wettbewerber nicht zu viel Vorsprung, Sie behalten das Ruder in der Hand und können agieren, anstatt fremdgetrieben nur noch am Limit reagieren zu können.
– Bleiben Sie aufmerksam, Ihren Kunden, Mitarbeitern und Produkten gegenüber: auch wenn etwas hundert mal gut funktioniert hat, ist die Chance, dass es mal schief geht oder ein Fehler passiert jeden Tag wieder von Neuem gleich groß.

Sicher lohnt sich also die Frage:
Was sind bei Ihrer Arbeit die schwierigen oder bedrohlichen Szenarien?
Die, die Ihr Unternehmen oder Ihr Projekt zu einer Bruchlandung bringen könnten?

Schreiben Sie einfach mal alle auf, die Ihnen einfallen, und erarbeiten Sie für die Top 5 davon einen Plan B – beziehungsweise das Limit, das Ihnen noch eine weitere Option offen lässt, für den Fall, dass die Dinge nicht wie geplant laufen.
Es geht nicht darum, für alles einen Plan B zu haben und das absolute Sicherheitskorsett anzulegen – das wäre schließlich der Tod jeder Kreativität, Freude und des Lernens – machen Sie es aber auf jeden Fall für die existenziellen Dinge, so wie es Piloten am Ende immer für eine sichere Landung tun – selbst, wenn sie auf dem Hudson River statt finden muss.

PS: Das gilt übrigens auch für Ihre Zeitplanung! Verplanen Sie die Ihnen pro Tag zur Verfügung stehende Arbeitszeit nie komplett, so kommen Sie durch die vielen Kleinigkeiten, die jeden Tag etwas anders als geplant laufen, nicht an Ihr Leistungslimit – auch Piloten, die im Tagessichtflug fliegen, planen ihre Landung am Zielflughafen immer etwas vor Sonnenuntergang.

Über den Autor

Janik Eggler, fliegender Leadership Trainer und Business Coach.
Über 13 Jahre selbst als Führungskraft, Bereichsleiter und Manager in der Telekommunikations- / Finanzdienstleistungsbranche im Daimler Konzern und der IKEA Gruppe durch dick und dünn gegangen. Seit 25 Jahren Trainer und Coach für Leader und Teams, seit 30 Jahren leidenschaftlicher (Berufs-) Pilot und Kunstflieger, sowie Fluglehrer.


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